Von Kontrolle, Vertrauen und Verantwortung
Kürzlich hatte ich ein Telefonat mit einer ganz wunderbaren Frau. Sie erzählte mir, dass sich ihre große Tochter ganz wohl in der Schule fühle und ganz klar ihren Weg geht. Doch die jüngere, die geht nur wegen der Freunde gerne hin. Sie habe zwar gute Noten, aber so richtig happy ist sie nicht. Die Mutter hatte überlegt, ob sie vielleicht in eine Montessori Schule gehen könnte. Der getrennt lebende Vater meinte, dass er das nicht unterstütze und er nicht die Zukunft seines Kindes verbauen möchte.
Nach dem Telefonat, hab ich die Dinge nochmal Revue passieren lassen, die ich gehört habe und mich folgendes gefragt. Woher wollen Eltern denn eigentlich wissen WIE sie die Zukunft ihres Kindes verbauen? Ist es nicht ein unreflektiert übernommener Glaubenssatz? Dass Kinder nur mit guten Noten und einem soliden Studium, alternativ Berufsausbildung, eine gute Zukunft haben werden? Wer sagt das und wer garantiert das? Und wie definiere ich eine gute Zukunft?
Bedeutet eine gute Zukunft zu haben, viel Geld zu verdienen? Ja…wenn ich dann eine Arbeit mache, die mir nicht entspricht und ich unglücklich bin, dann kann ich mir viele tolle Sachen kaufen, die mich glücklich machen. Zukunft – gesichert.
Woher weiß ein Mensch, was ihn zu einer guten Zukunft bringt? Unser aktuell, westlicher, Fahrplan scheint – einen super guten Schulabschluss und dann ein super gutes Studium um dann eine super gute Arbeitsstelle zu bekommen. Und das gilt für alle Menschen gleich! Das ist der Weg zum Glück und wer zu dumm dafür ist – der hat halt Pech gehabt…-eine nachdenkliche Schweigesekunde-…oder Glück? Denn vielleicht wird der, der nicht ins Schulsystem passt und es deshalb gleich aufgibt, am Ende glücklicher sein. Vielleicht konnte er sich dadurch treiben lassen und entdeckt, dass er passionierter Schreiner ist. Jetzt hat er einen gut laufenden Schreinereibetrieb, Glück und Geld. 😀
Natürlich sind dies nur erfundene Beispiele, welche lediglich zum Nachdenken anregen sollen. Ich habe für mich entdeckt, dass mein Herz der Kompass ist. Das nur ich in der Mitte meiner Brust erfühlen kann, wo es lang geht. Und da niemand in meinem Körper steckt, weiß letztendlich niemand anderer wo mein Weg lang geht. Und da ich in niemanden anderes Körper stecke, wäre es wohl eine Anmaßung zu behaupten, wie sich jemands Zukunft verbauen ließe.
Das Kind kennt seinen Weg. Das beginnt schon bei der Zeugung, geht weiter über die Geburt und dann zur vollkommenen Entfaltung des gesamten Lebens, bis hin zum Tod.
Und das bringt mich zur nächsten Überlegung. Wie viel Verantwortung haben Eltern für das Lebensglück ihrer Kinder tatsächlich? Wie viel können sie wirklich positiv beeinflussen? Was können sie arrangieren um ihnen eine gute Zukunft garantieren zu können? Und grenzt es vielleicht schon an Blasphemie was wir hier betreiben sollen?
Wenn es tatsächlich so ist, dass Menschen inkarnieren, weil die Seelen gewissen Erfahrungen erleben wollen. Welchen Einfluss hat unser Verstand darauf? Ich vermute unser Verstand versucht sehr viel zu kontrollieren und unser Herz antwortet mit unangenehmen Gefühlen, sobald es Abweichungen vom Lebensglück gibt. Eltern versuchen so viel zu kontrollieren, um ja nicht die Zukunft des Kindes zu verbauen, um JA nicht verantwortlich gemacht zu werden für ein missglücktes Leben. Wie und wann auch immer ein Leben als missglückt beurteilt werden kann oder nicht.
Und wer zieht sie in die Verantwortung, wenn sie den Herzensweg des Kindes ignorieren? Wenn sie ihren Kindern unmissverständlich zeigen, dass es NUR diesen einen vorgeschriebenen Weg zum Erfolg geben kann. Auch, wenn es sich ganz falsch anfühlt. Auch wenn Kinder weinen, wenn Kindern jeden Morgen übel ist, sie Bauchschmerzen haben, Herzrasen, Angst und Druck verspüren. Wenn wir die individuellen Stärken, die angeborenen Talente unserer Kinder auf kleine Stühle, an schmalen Schulbänken zwängen. Den Blick starr geradeaus oder auf Blatt. Kommunikation nur nach Plan. Dabei sollen soziale und glückliche Erwachsene raus kommen. Die voller Freude und Elan die Welt umarmen. Warum rauben wir den Kindern ihre Lust am Lernen und somit am Leben? Warum kommt niemand auf den Gedanken, wenn er Kleinkinder beobachtet, dass es doch so auch weiter gehen könnte? Wie traurig ist denn eigentlich diese Gesellschaft?
Und als Erwachsene versuchen wir dann krampfhaft unser Glück wieder zu finden… ach was gibt es da für Sachen… Bücher, Seminare, Coaches, jeden Tag eine Minute im Spiegel sich anlächeln, um wunderbare Hormone geliefert zu bekommen. Es ist echt so affig. Wir berauben unseren Kindern diese angeborene Fröhlichkeit, die Leichtigkeit, den Optimismus, das Vertrauen ins Leben, dass für uns gesorgt ist. Raus aus dem Flow, der Begeisterung, der Erforschung und der Freude am Lernen. Und am Ende stehen sie genauso trist in einem grauen Alltagstrott wie ihre Eltern…
Vielleicht würde es einfach reichen, wenn Kinder geliebt werden? Ihnen Raum, Sicherheit und Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wenn wir ihnen alles geben, was sie für notwendig erachten, um ein gelingendes Leben führen zu können.